Schnittstellen für die industrielle Bildverarbeitung

Die Wahl der richtigen Schnittstelle für Ihre Bildverarbeitungsanwendung ist eine wichtige Entscheidung bei der Kameraauswahl. Die folgenden Abschnitte bieten einen Überblick über die verschiedenen Arten von Kabeln und Steckverbindern, die für Anwendungen der industriellen Bildverarbeitung verfügbar sind, sowie die damit verbundenen Vor- und Nachteile.

Für die industrielle Bildverarbeitung gibt es in der Regel zwei Schnittstellenvarianten: dedizierte und individuelle Schnittstellen.

Dedizierte Schnittstelllen

Nützlich für Anwendungen, bei denen extrem hohe Geschwindigkeiten oder ultrahohe Auflösungen den Einsatz solcher Schnittstellen erfordern; z. B. Zeilenkameras, die zur Inspektion von kontinuierlichen Fließprozessen wie der Papier- oder Plastikfolienproduktion eingesetzt werden, wo Kameras häufig im kHz-Bereich arbeiten. Diese Schnittstellen sind jedoch in der Regel wesentlich teurer, weniger flexibel und erhöhen die Systemkomplexität. CarmeraLink (unterstützt bis zu 6,8 Gbit/s an Daten) und CoaXPress (unterstützt bis zu 12 Gbit/s) sind dedizierte Bildverarbeitungs-Schnittstellen, die typischerweise in solchen Anwendungen eingesetzt werden. Zusätzlich zu den Kameras benötigen Systeme, die diese Schnittstellen nutzen, Framegrabber. Dabei handelt es sich um spezialisierte Adapterkarten, die Bilddaten empfangen und zu verwertbaren Bildern zusammensetzen. Dedizierte Bildverarbeitungsschnittstellen verwenden ebenfalls proprietäre Kabel, was die Integration mit anderen Peripheriegeräten etwas schwieriger macht.

CoaXPress (CXP)

Die CoaXpress-Schnittstelle wurde 2008 zur Unterstützung von Hochgeschwindigkeits-Bildgebungsanwendungen eingeführt. CXP-Schnittstellen verwenden 75-Ohm-Koaxialkabel und unterstützen Datenübertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 6,25 Gbit/s pro Kanal, wobei für höhere Datenübertragungsraten mehrere Kanäle verwendet werden können. Ein CXP-Kabel liefert eine Leistung von bis zu 13 W pro Kabel und setzt voraus, dass sowohl das „Gerät“ als auch der „Host“ die Kamera-Programmierschnittstelle GenICam unterstützen. Während einspurige Koaxialkabel erschwinglich sind, steigen die Kosten für das Einrichten von mehrspurigen Kabelbaugruppen und Framegrabbern schnell an.

CameraLink

Der CameraLink-Standard wurde im Jahr 2000 von der Automated Imaging Association (AIA) eingeführt und schrittweise erweitert, um höhere Datengeschwindigkeiten zu unterstützen, wobei einige Versionen zur Übertragung zwei Kabel benötigen. Die drei verfügbaren Hauptkonfigurationen sind Base (2,04 Gbit/s), Medium (5,44 Gbit/s) und Deca/Extended (6,8 Gbit/s). Der Base-Standard verwendet einen 26-poligen MDR-Steckverbinder („Mini D Ribbon“), während mit der Medium/Vollkonfiguration die Kapazität mit einem zweiten Kabel verdoppelt wird. Die Deca/Extended-Versionen gehen über die von CameraLink auferlegten Grenzen hinaus und übertragen bis zu 6,8 Gbit/s an Daten. CameraLink benötigt, wie die CXP-Schnittstellen, Framegrabber und muss zusätzlich mit dem PoCL-Standard (Power over Camera Link) kompatibel sein, um Leistung bereitzustellen. CameraLink verfügt über keinerlei Funktionen zur Fehlerkorrektur oder zum erneuten Senden, so dass teure und umständliche Kabelsätze erforderlich sind, um durch Maximierung der Signalintegrität den Verlust von Bildern zu eliminieren.

Individuelle Schnittstellen

Diese Schnittstellen ermöglichen die Verbindung von industriellen Kameras mit Hostsystemen, die weit verbreitete USB- und Ethernet-Standards verwenden. Für die meisten Anwendungen der industriellen Bildverarbeitung bieten die individuellen Schnittstellen USB 3.1 der 1. Generation und Gigabit Ethernet eine überzeugende Kombination aus Komfort, Geschwindigkeit, Einfachheit und Erschwinglichkeit. Darüber hinaus unterstützen individuelle Schnittstellen weit verbreitete Hardware und Peripheriegeräte für die Implementierung der industriellen Bildverarbeitung. USB- und Ethernet-Hubs, Switches, Kabel und Schnittstellenkarten können über Amazon oder Ihr Computer- oder Elektronikgeschäft vor Ort für die jeweiligen Anforderungen preiswert erworben werden. Die meisten PCs, Laptops und eingebetteten Systeme verfügen über mindestens je einen Anschluss für Gigabit-Ethernet und USB 3.1 Gen 1.

Der offensichtlichste Unterschied zwischen diesen Schnittstellenkategorien liegt in der Bandbreite. Schnellere Schnittstellen ermöglichen für eine gegebene Auflösung höhere Bildraten (Abb. 1). Eine schnellere Schnittstelle ermöglicht es, ohne Beeinträchtigung des Durchsatzes mehr Bilder pro Sekunde oder Bilder mit höherer Auflösung zu erfassen.  

Wird zum Beispiel bei einem Halbleiter-Wafer-Inspektionssystem ein Upgrade von 8"- auf 12"-Wafer durchgeführt, werden Kameras mit höherer Auflösung benötigt. In diesem Fall muss der Systementwickler zwischen der Beibehaltung der bestehenden Schnittstelle und einer höheren Auflösung bei geringerem Durchsatz oder dem Upgrade auf eine schnellere Schnittstelle zur Beibehaltung oder Verbesserung des Durchsatzes wählen.

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Abb. 1. Für jede Schnittstelle verfügbare Bandbreite im Verhältnis zur Sensorauflösung und der resultierenden Bildrate.

Ihre Anforderungen an Auflösung, Bildrate, Kabellänge und Hostsystem-Konfiguration sollten alle berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass Sie die gewünschte Leistung erhalten, ohne mehr als nötig auszugeben. Die industriellen Kameras von FLIR unterstützen alle drei vertrauenswürdigen und weit verbreiteten Schnittstellen.

Universal Serial Bus (USB)

USB ist überall vorhanden. Sehen Sie sich um und zählen Sie die Anzahl der USB-Geräte und des Zubehörs in Ihrem Umfeld. Verstehen Sie, was wir meinen? Die meisten industriellen USB-Kameras verwenden die schnittstelle USB 3.1 Gen 1. Diese Schnittstelle bietet eine Bilddatenbandbreite von bis zu 4 Gibt/s zwischen der Kamera und dem Host-System. Der USB3 Vision-Standard trägt dazu bei, die Kompatibilität zwischen einer Vielzahl von Kameras und Software zu gewährleisten, indem er einen gemeinsamen Satz von Protokollen für Geräteerkennung, Bildübertragung und Kamerasteuerung definiert.

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Abb. 2. Kabel USB 3.1 Gen 1 (USB auf USB mit Fixierung)

USB unterstützt Direct Memory Access (DMA). Mit dieser DMA-Fähigkeit können Bilddaten vom USB direkt in den Speicher übertragen werden, wo sie für die Nutzung durch Software zur Verfügung stehen. DMA in Verbindung mit der weit verbreiteten Unterstützung für USB und der Verfügbarkeit von Treibern für USB-Controller auf praktisch jeder Hardware-Plattform ist USB ideal für den Einsatz in eingebetteten Systemen. Die maximale Kabellänge von 5 m bei USB 3.1 Gen 1 stellt bei eingebetteten Systemen im Allgemeinen kein Problem dar. Durch USB 3.1 der 1. Generation kann das Systemdesign vereinfacht werden, indem es eine Kamera mit bis zu 4,5 W Leistung versorgt. Mit der kürzlich entwickelten USB-Leistungsversorgungsspezifikation können einige Hosts Geräte, wie schnell aufladende Mobiltelefone, mit mehr Leistung versorgen. Diese Spezifikation ist unabhängig vom Basisstandard USB 3.1 der 1. Generation und wurde von den Herstellern von industriellen Kameras nicht übernommen.

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Abb. 3. Verschiedene Arten von USB-Anschlüssen

Hochflexible USB-Kabel tragen dazu bei, die Lebensdauer der Kabel in Systemen zu maximieren, in denen die Kamera wiederholt bewegt werden muss. Aktive optische Kabel (AOCs) können verwendet werden, um den Arbeitsabstand erheblich zu vergrößern und Widerstand gegen elektromagnetische Interferenzen (EMI) zu bieten. Die Leistung von aktiven optischen Kabeln hängt von den Durchsatzanforderungen und der Konfiguration des Host-Systems ab. Bei der Verwendung von optischen Kabeln, auch solchen, die Strom über das Kabel liefern, empfiehlt FLIR die externe Stromversorgung von Kameras über GPIO. Zusätzlich sorgen USB-Kabel mit Fixierung für eine sichere Verbindung zwischen Kabeln, Kameras und Host-Systemen. Vor dem Kauf von Kabeln mit Fixierung empfiehlt FLIR, die Kompatibilität von Position und Abstand der Fixierungsschrauben zu prüfen, da mehrere Optionen zur Verfügung stehen.

USB 3.1 Gen 1 ist für FLIR Blackfly S - mit Gehäuse und Platinenversionen und dem winzigen Firefly S verfügbar.

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Gigabit Ethernet (GigE)

GigE bietet eine Bilddatenbandbreite von bis zu 1 Gbit/s. Die Kombination aus Einfachheit, Geschwindigkeit, einer maximalen Kabellänge von 100 m und der Möglichkeit, Kameras über ein einziges Kabel mit Strom zu versorgen, macht es zu einer äußerst beliebten Kameraschnittstelle. Ethernet-Kabel sind mit einer widerstandsfähigen Abschirmung erhältlich. Dies ist ideal für Umgebungen mit hohen elektromagnetischen Störungen, die durch die Nähe zu den leistungsstarken Motoren einiger Roboter und Messgeräte verursacht werden. FLIR GigE-Kameras unterstützen auch eine Funktion für das wiederholte Senden von Datenpaketen, wodurch die Übertragungssicherheit weiter erhöht wird.

Im Gegensatz zu USB unterstützt GigE kein DMA. Datenpakete, die Bilddaten enthalten, werden an den Host übertragen, wo sie wieder zu Bildern zusammengesetzt werden müssen, bevor sie in den für Software zugänglichen Speicher kopiert werden können. Dieser Prozess ist für moderne PCs unerheblich, obwohl er bei einigen eingebetteten Systemen mit geringem Stromverbrauch und begrenzten Systemressourcen zu Latenzzeiten führen kann.

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Abb. 4. Gigabit-Ethernet/GigE-Kabel (RJ45 auf RJ45)

Der verbreitete Einsatz von Gigabit-Ethernet bedeutet, dass es eine unglaublich breite Palette an unterstützenden Produkten von Kabeln bis hin zu Switches gibt, die für die Erfüllung von Projektanforderungen geeignet sind. GigE-Kameras unterstützen das Zeitsynchronisationsprotokoll IEEE1588 PTP, wodurch Kameras und andere Ethernet-fähige Geräte wie Aktoren und industrielle speicherprogrammierbare Steuerungen auf einer präzise synchronisierten gemeinsamen Zeitbasis arbeiten können.

Der verbreitete Einsatz von Ethernet in vielen Branchen hat die Verfügbarkeit vieler Spezialkabel und Steckverbinder für eine Vielzahl von Anwendungsfällen ermöglicht. Zum Beispiel gibt es Ethernet-Kabel, die gegen EMI (elektromagnetische Interferenz), hohe Temperaturen und chemische Beständigkeit schützen sollen, während einige für hohe Flexibilitätsanforderungen ausgelegt sind und so weiter.

Ethernet-Kabel weisen je nach Konstruktion eine Kategorienummer auf. CAT5e ist für GigE am gebräuchlichsten, während CAT6A, CAT7 und CAT8 für zusätzlichen EMI-Widerstand bei höheren Kosten und größerem Kabeldurchmesser verwendet werden können. Einige Industriegeräte verwenden einen X-Coded M12-Steckverbinder (Abb. 3, rechts), um eine erhöhte Abschirmung zu gewährleisten. Für die meisten Anwendungen ist jedoch der bekannte RJ-45-Steckverbinder ausreichend und bei geringeren Kosten überzeugender. Darüber hinaus sorgen RJ45-Stecker mit Schraubfixierungen bei RJ45-Kabeln auf einfache Weise für zusätzliche Sicherheit.

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Abb. 5. Der überall verbreitete RJ45-Steckverbinder (links) und der weniger verbreitete X-Codierte M12-Steckverbinder (rechts)

Hinweis: Der RJ45-Stecker lässt sich schnell anschließen und trennen. Für den X-Coded M12-Steckverbinder (rechts) ist für den Anschluss mehr Zeit erforderlich; er ist jedoch robuster und in IP-Versionen erhältlich.

GigE ist für Kameras von FLIR Blackfly S - mit Gehäuse und FLIR Blackfly S - Platinenversionen verfügbar.

10 Gigabit Ethernet (10 GigE)

10 GigE baut auf den Stärken von GigE auf, indem die Bandbreite auf 10 Gbit/s erhöht wird. 10 GigE ist eine ideale Schnittstelle für hochauflösendes 3D-Scannen, volumetrische Erfassung und Präzisionsmesstechnik. GigE und 10 GigE können auf vielfältige Weise kombiniert werden. Mehrere GigE-Kameras können an einen 10 GigE-Switch angeschlossen werden, um mehrere GigE-Kameras bei voller Geschwindigkeit über einen einzigen 10 GigE-Port auf einem Host-System zu unterstützen. Während CAT5e-Kabel mit 10 GigE-Kameras über Entfernungen von weniger als 30 m funktionieren, werden CAT6A- oder höhere Kabel empfohlen.

10 Gbit/Sek. sind eine große Datenmenge! Moderne PC-Systeme mit Hochgeschwindigkeits-CPUs, PCIe 3.0 und Zweikanalspeicher können damit gut umgehen, während leistungsstärkere Systeme mehrere 10 GigE-Kameras unterstützen können. Eingebetteten Systemen mit reduzierten Systemressourcen fehlt in der Regel die erforderliche Speicherbandbreite und Prozessorgeschwindigkeit, um mit den eingehenden Bilddaten Schritt zu halten.

10 GgiE ist bei FLIR-Oryx-Kameras verfügbar.

Zusammenfassung

In vielen Anwendungen für die industrielle Bildverarbeitung werden sowohl individuelle als auch dedizierte Schnittstellen verwendet. Die in den vorhergehenden Abschnitten genannten Vor- und Nachteile bestimmen letztendlich die Eignung der einen oder der anderen Schnittstelle für einen bestimmten Anwendungsfall. Die Kombination aus Leistung, Benutzerfreundlichkeit, weit verbreiteter Verfügbarkeit und niedrigen Kosten macht die individuellen Schnittstellen jedoch zu einer attraktiven Wahl für die meisten Anwendungen der industriellen Bildverarbeitung.

 

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