Vergleich von Schnittstellen der nächsten Generation

Vergleich von Schnittstellen der nächsten Generation über die Spezifikationen hinaus

Dieser Artikel bietet einen Überblick und Vergleich der Ethernet-, USB-, Camera Link- und CoaXpress-Standards der nächsten Generation. Zudem stellt er Thunderbolt3 vor - eine Schnittstelle, die man im Blick behalten muss. Diese Kameraschnittstellen haben zum Wachstum der Machine Vision-Branche entscheidend beigetragen und sie werden auch künftig eine wichtige Rolle spielen.

10-Gigabit-Ethernet

10 Jahre vor seiner praktischen Nutzung wurde Ethernet bereits 1983 als Standard IEEE 802.3 definiert. Seitdem ist die Technologie aufgrund ihrer Zuverlässigkeit, Flexibilität und stetig steigenden Geschwindigkeit allgegenwärtig. Im Jahr 2016 besaßen die Hälfte aller verkauften Machine Vision-Kameras Gigabit-Ethernet (GigE).

Die höhere Geschwindigkeit und niedrigere Latenz von 10-Gigabit-Ethernet (10GigE) basieren auf den Stärken von GigE. Mit einer Bandbreite von 10 Gbit/s kann eine FLIR Oryx 10GigE-Kamera ein unkomprimiertes 12-bit 4K60-Video über kostengünstige, leicht erhältliche Kabel mit einer Länge von 60 Metern übertragen. Die von FLIR Oryx unterstützte 10GBASE-T-Implementierung des 10-Gigabit-Ethernet verwendet den bekannten RJ45-Anschluss sowie Twisted-Pair-Kupferkabel.

10GigE ist in der Infrastruktur von IT-Netzwerken weit verbreitet. Dank der Unterstützung durch Unternehmen wie Apple und Asus gewinnt es im Massenmarkt rasch an Bedeutung. Die weit verbreitete Verwendung von 10GigE hat eine breite Palette an verschiedensten sowohl kostengünstigen als auch hochleistungsfähigen Produkten hervorgebracht.

Eine überarbeitete Version des Power Over Ethernet (PoE)-Standards wurde eingeführt. Der Standard IEEE 802.3bt ermöglicht PoE über 10-Gigabit-Links, obwohl diese Anwendung bisher keine größere Verbreitung gefunden hat. Derzeit sind keine 10GigE-Machine Vision-Kameras mit PoE erhältlich.

10GBASE-T unterstützt das IEEE 1588 Precision Time Protocol (PTP), wodurch Kameras wie FLIR Oryx ihre internen Uhren automatisch miteinander und mit anderer ethernetfähiger Hardware ohne Eingriff des Benutzers synchronisieren können.

USB 3.2

Die kürzlich fertiggestellte USB 3.2-Spezifikation ist die nächste große Überarbeitung dieser gängigen Schnittstelle. USB 3.2 verwendet beide Seiten eines Typ-C-Steckers, um zwei USB 3.1-Links parallel zu unterstützen und dadurch Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 20 Gbit/s zu ermöglichen. Die Unterschiede zwischen Generation 1 und Generation 2, die durch den Übergang von USB 3.0 auf USB 3.1 eingeführt wurden, bleiben auch bei USB 3.2 bestehen.

Zu den wichtigsten Unterschieden zwischen Generation 1 und Generation 2-Links gehören die Übertragungsgeschwindigkeit, die Effizienz der Kodierung und die maximale Kabellänge. In Generation 2 wird die Übertragungsrate von 5 Gbit/s auf 10 Gbit/s verdoppelt, während die in Generation 1 verwendete 8/10b-Kodierung durch die effizientere 128/132b-Kodierung ersetzt wird. Diese Reduzierung des Kodierungs-Overheads bedeutet, dass Links der Generation 2 effektive Übertragungsgeschwindigkeiten unter realen Bedingungen unterstützen, die viel näher an die nominale Übertragungsrate herankommen. Links der Generation 1 bieten einen Durchsatz unter realen Bedingungen von 4 Gbit/s, während Links der Generation 2 bis zu 9,7 Gbit/s unterstützen.

Die maximale Kabellänge von Links der Generation 1 beträgt fünf Meter, während Links der Generation 2 auf einen Meter beschränkt sind. Die kurze Kabellänge von USB 3.2 der Generation 2 ist sicherlich ein Faktor, der die allgemeine Verbreitung der Technologie behindert, solange keine erschwinglichen aktiven optischen Kabel erhältlich sind.

Die Kombination von USB-Lane-Nummern und Generationen kann bei Verbrauchern Verwirrung stiften. Eine USB 3.2-Schnittstelle ist nicht unbedingt schneller als USB 3.1. Selbst wenn man die weniger effiziente Kodierung von USB 3.1 der Generation 1 verdoppelt würde, ist sie immer noch 20 % langsamer als eine Verbindung mit USB 3.1 der Generation 2. Die Unterschiede hinsichtlich der maximalen Kabellänge bei jeder einzelnen Generation dienen dazu, dass Benutzer für die jeweilige Generation ihrer Schnittstelle ein Kabel mit geeigneter Länge auswählen.

USB unterstützt Direct Memory Access (DMA). Dadurch können die Bilddaten von einer Kamera direkt in den Systemspeicher geschrieben werden. Dies ist eine optimale Funktion für eingebettete Anwendungen mit begrenzter Speicherbandbreite und CPU-Leistung.

Abb. 1. Zeitleiste von USB-Standards und deren relativer Durchsatz

Thunderbolt3

Die Thunderbolt-Schnittstelle hat in der Machine Vision-Branche noch keine allzu große Verbreitung gefunden, aber mit Thunderbolt3 kann sich dies ändern. Diese Schnittstelle verspricht eine nützliche Kombination aus bis zu 40 Gbit/s, Benutzerfreundlichkeit und dem bereits bekannten USB-Typ-C-Stecker. Thunderbolt3 unterstützt auch die USB Power Delivery-Spezifikation für eine Leistung von bis zu 100 W. Durch die Begrenzung der Kabellänge auf 50 cm wird diese Schnittstelle möglicherweise nur in begrenztem Maße eingeführt, solange keine zuverlässigen und erschwinglichen aktiven optischen Kabel erhältlich sind.

Die maximale Übertragungsrate über ein Thunderbolt3-Kabel beträgt 40 Gbit/s, aber der Durchsatz unter realen Bedingungen fällt deutlich niedriger aus. Die PCIe 3.0 x4-Verbindung zwischen Hosts und Geräten sowie ihre PHYs bieten eine Bandbreite von 32 Gbit/s. Die verbleibende Bandbreite wird verwendet, um DisplayPort-Signale für HD- und UHD-Monitore zu übertragen. Die PCIe-Schnittstelle der PHYs ermöglicht Host-seitiges DMA.

Intel, das die Thunderbolt-Technologie entwickelt und managed, kündigte kürzlich an, dass alle neuen Chipsätze des Unternehmens Thunderbolt3 unterstützen. Der Halbleiterhersteller lockerte auch die Lizenzanforderungen, um Dritthersteller zu ermutigen, die Schnittstelle zu übernehmen. Die Bemühungen von Intel, die Verbreitung von Thunderbolt3 zu fördern, haben auf Verbraucherseite zu der ungewöhnlichen Situation geführt, dass Thunderbolt3-Hosts weithin verfügbar sind, aber keine Geräte. Es gibt derzeit keine Machine Vision-Kameras mit Thunderbolt3.

CameraLink HS

Der Camera Link HS-Standard wurde im Jahr 2012 eingeführt. Damit wurde die ursprüngliche Camera Link-Schnittstelle durch höhere Geschwindigkeit und größere Flexibilität in der Verkabelung verbessert. Der Camera Link HS-Standard unterstützt zusätzliche Kabeltypen. Somit hat der Benutzer die Möglichkeit, höhre Geschwindigkeit gegen geringere Kabellänge einzutauschen und umgekehrt. Die teuren und sonderbaren Kabel der früheren Generation gehören der Vergangenheit an. Die CRC-Fehlerkorrektur und das erneute Senden von Daten verbessert die Übertragungszuverlässigkeit. Einzelbit-Übertragungsfehler werden automatisch erkannt und korrigiert. Für eine zusätzliche Bandbreite bei Hochgeschwindigkeitsanwendungen können bis zu acht Kabel parallel verlaufen.

Anschluss

1x Bandbreite

8x (Max.) Bandbreite

Max. Länge

Technologie

SFP

2,4 Gbit/s

19,2 Gbit/s

>300 m

optisch

SFP+

9,6 Gbit/s

76 Gbit/s

>300 m

optisch

CX4

16,8 Gbit/s

134 Gbit/s

15 m

Kupfer

Abb. 2. Übersicht über die verfügbaren Kabeloptionen für Camera Link HS

Trotz der Verbesserungen ist Camera Link HS keine Schnittstelle für den Massenmarkt. Es unterstützt keinen direkten Speicherzugriff (DMA). Dafür ist die Schnittstelle so ausgelegt, dass Bilddaten so schnell wie möglich in einen FPGA übertragen werden. Bevor eingehende Camera Link HS-Bilddaten an einen Benutzer übertragen werden, empfängt und verarbeitet ein Framegrabber die Daten. Diese Anforderung macht Vision-Systeme teurer und komplexer. Bei Systemen, welche die Daten auf merhrere PCs verteilen, steigt die Komplexität noch weiter.

CoaXPress 2.0

Die CoaXpress 2.0-Spezifikation, die Anfang 2017 fertiggestellt wurde, bietet Leistungs- und Funktionsverbesserungen, die vor allem bei Hochgeschwindigkeitsanwendungen relevant sind. CoaXpress baut auf der Technologie für 4K60-Videos über HD-SDI auf, um die Einzelkanalgeschwindigkeit von 6,25 Gbit/s auf 12,5 Gbit/s zu erhöhen. Bei dieser Geschwindigkeit kann ein vieradriges Kabel pro Sekunde 4 Gigabyte an Bilddaten von der Kamera zum Host übertragen. Die Verdopplung der maximalen Uplink-Geschwindigkeit verdoppelt die maximale Trigger-Frequenz auf über 500 kHz. CoaXpress 2.0 unterstützt die Übertragung an mehrere Empfänger. Dadurch können die Kameras Daten an Framegrabber in unterschiedlichen Host-PCs senden.

Auch bei CoaXpress 2.0 gilt wie bei der Standardversion von CoaXpress eine maximale Kabellänge von 40 m. Während einspurige Koaxialkabel erschwinglich sind, steigen die Kosten für mehrspurige Kabelbaugruppen und Framegrabber schnell an.

Automatisierte optische Inspektion

Aufgrund der enormen Vielfalt an AOI-Anwendungen (automatische optische Inspektion) gibt es nicht die eine, ideale Schnittstelle hierfür.

Prozesse mit kontinuierlichem Datenfluss wie dem Drucken oder der Dünnschichtherstellung benötigen Kameras mit sehr hohen Bildraten. Die großen Bandbreiten mehrspuriger Implementierungen von CoaXpress und Camera Link HS sind ideal für diese Anwendungen und eignen sich besser als Zeilenkameras. Die Multi-Host-Fähigkeit von CoaXpress ermöglicht eine parallele Verarbeitung mit mehreren PCs.

Viele Inspektionssysteme werden durch andere Faktoren als die Kamera- und Schnittstellengeschwindigkeit eingeschränkt. Anwendungen, wie die Halbleiter-Inspektion im Fan-Out Wafer-Level Packaging, sind durch den mechanischen Prozess limitiert. Bei diesen Anwendungen erhöht sich die Systemleistung durch die hohen Bildraten, die mit Camera Link HS und CoaXpress möglich sind, nicht wesentlich, jedoch steigen die Kosten und die Komplexität dadurch erheblich. Aufgrund ihrer Geschwindigkeit, Benutzerfreundlichkeit und der niedrigen über die Nutzungszeit anfallenden Kosten sind USB 3.2 und 10-Gigabit-Ethernet ideale Schnittstellen für Inspektionsanwendungen.

Einige AOI-Systeme sind Bestandteil größerer Anlagen. Motoren und andere Geräte können unerwünschte elektromagnetische Störungen erzeugen. USB 3.2 und Thunderbolt3 sind für Umgebungen, in denen starke elektromagnetische Störungen auftreten, nicht vorgesehen. Für die Sicherstellung der Zuverlässigkeit dieser Schnittstellen in Umgebungen, in denen solche Störungen potenziell häufig auftreten, bedarf es der Entwicklung aktiver optischer Extender, die zuverlässig und erschwinglich sind.

Industrie 4.0 mag ein Modewort sein, aber das ihr zugrundeliegende Prinzip von Systemen, die mit einer konsistenten zeit- statt ereignisbasierten Steuerung funktionieren, stellt einen großen Fortschritt im Systemdesign dar. 10GigE ist die einzige Schnittstelle der nächsten Generation, die das IEEE 1588 Precision Time Protocol (PTP) unterstützt, das die Synchronisierung von Kameras mit anderen ethernetfähigen Geräten ermöglicht. Im Hinblick auf die künftige Umsetzung der Prinzipien der Industrie 4.0 wird PTP derzeit von Systemdesignern als Schlüsselspezifikation eingeführt.

3D Scanner

Mobil

3D-Handscannersysteme sind kompakte, batteriebetriebene Geräte. Die niedrigen Abmessungen, das Gewicht und der Energieverbrauch sind für die Entwicklung eines erfolgreichen Produkts von entscheidender Bedeutung. USB 3.2 und Thunderbolt3 würden sich für diese Anwendung, bei der das Gerät kleiner als jede Kabellängenbegrenzung wäre, gut eignen. Diese Schnittstellen würden eine ausreichende Bandbreite für die Auflösungen bieten, die für eine hohe Punktwolkendichte erforderlich sind, und eine Bildrate, die groß genug für eine gute Scangeschwindigkeit ist.

Da sie keinen eigenen Framegrabber erfordern, hätten USB 3.2 und Thunderbolt3 außerdem den Vorteil der zusätzlichen Platzeinsparung. Für die Versorgung zusätzlicher Bordgeräte wie IR-Strahler oder Streifenprojektoren würde sich USB Power Delivery anbieten. Die USB-Technologie wird von zahlreichen kompakten eingebetteten Systemen und Ein-Platinen-Computern unterstützt. Es wird erwartet, dass sich dieser Trend mit dem Übergang zu USB 3.2 fortsetzt.

Großformat

Großformatsysteme zum Scannen von Autos, Flugzeugen oder ganzen Gebäuden bestehen im Allgemeinen in tragbarer Form und überzeugen durch ihren einfachen Einsatz und ihre Robustheit. 10-Gigabit-Ethernet ist eine zuverlässige Lösung mit der benötigten Bandbreite, um hochauflösende Punktwolken erfassen zu können. Die große maximale Kabellänge eignet sich für lange Basislinien und ermöglicht so ein hochpräzises Scannen. Camera Link HS und Coaxpress sind zwar mit den üblichen Kabellängen kompatibel, die von großformatigen 3D-Scananwendungen verwendet werden. Da sie jedoch von Framegrabbern abhängig sind, sind Kostensteigerungen und höhere Komplexität die Folge. Da diese Scansysteme üblicherweise fest installiert sind, wäre mit der höheren Geschwindigkeit keine Leistungsverbesserung verbunden.

Virtual Reality

Bei Virtual Reality (VR) handelt es sich um eine anspruchsvolle Anwendung, für die zwei oder mehrere präzise synchronisierte Kameras benötigt werden. Für VR-Systeme, die Stereobilder in sechs Freiheitsgraden erfassen können, können 20 oder mehr Kameras erforderlich sein. Bei Systemen, die aus einzelnen Kameramodulen bestehen, sollten die Kameras so nahe wie möglich beieinander liegen, damit der Parallaxenfehler möglichst gering gehalten wird. Der kompakte Typ-C-Stecker, den USB 3.2 und Thunderbolt3 verwenden, ist in dieser Hinsicht ideal. VR-Systeme sind in der Regel verbraucherorientiert. Aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit sind die Schnittstellen USB, Thunderbolt und Ethernet auf diesem Anwendungsgebiet den Schnittstellen CoaXpress und CameraLink vorzuziehen.

VR-Systeme, die z. B. bei Sportveranstaltungen zum Einsatz gelangen, erfassen nicht die gesamte Umgebung, da nur das Geschehen auf dem Platz verfolgt wird. Diese Systeme bestehen üblicherweise aus einer geringeren Anzahl von Kameras mit einer höheren Auflösung. Aufgrund der Größe von Sportstätten sind in der Regel längere Kabel erforderlich. Dank der Möglichkeit, unkomprimierte 4K60-Videos zu bearbeiten, der Kabellänge und ihrer Einfachheit ist die 10GigE-Technologie die ideale Lösung für diese Art von Einsätzen. Optische Medienkonverter, die Übertragungsgeschwindigkeiten von 10 Gbit/s über Distanzen von mehr als einem Kilometer unterstützen, sind erhältlich.

Für hochspezialisierte volumetrische Erfassungssysteme mit Zeitlupe ist 10-Gigabit-Ethernet aufgrund der Geschwindigkeit, der Unterstützung großer Kabellängen und der PTP-basierten Uhrzeitsynchronisierung eine gute Wahl, wobei die CoaXpress 2.0-Technologie eine sinnvolle Option für extrem hohe Geschwindigkeiten bei Forschungsanwendungen darstellt.

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